Erfahrungsbericht der anderen Art: Gründe fürs Scheitern einer Paid4-Seite

Ich bin seit vielen Jahren in der Paid4-Szene unterwegs und habe unzählige Seiten kommen und gehen sehen. Dabei gab es kaum einen Unterschied ob die Seiten nun groß, klein, bekannt, unbekannt, beliebt oder in der Kritik waren. Gegangen sind so viele und gewisse Situationen lassen jeden alten Hasen schon aufhorchen, beispielsweise der „Krankenhausaufenthalt“ oder auch der „Hackerangriff“.

In den Jahren habe ich so viele Ausreden gehört, so viele Seiten scheitern sehen, nur wenige sind im Guten gegangen.

Aber eine Sache ist bei jedem Projekt das geschlossen wurde gleich: die Aussagen der betroffenen User!

Würde ich jetzt eine Hitliste aufführen, wäre der Spruch „Der ist mit meinem Geld abgehauen und macht sich nun ein schönes Leben“ wohl die Nummer eins.

Deswegen habe ich lange überlegt und auch viel mit anderen Usern und Webmastern gesprochen und dabei kam heraus, dass viele User einfach nicht wissen, was dem Scheitern einer Seite meistens wirklich zugrunde liegt.

Falsche Kalkulation
Die Hauptursache für das Scheitern einer Paid4-Seite dürfte wohl sein, dass so ein Projekt extrem gut kalkuliert sein muss. Man kann nicht einfach 100% oder pauschal 80% dessen, was von den Sponsoren(Netzwerken) reinkommt an seine User weitergeben.
Gehen wir mal von einer Seite ohne Umsatzsteuer aus um den Sachverhalt einfach zu halten, welche Kosten müssen hier von der Vergütung die der Webmaster erhält abgezogen werden, bevor er diese an den User ausschütten kann?
1. Hostinggebühren
2. Domainkosten
3. Programmierarbeiten (sofern er das nicht selbst kann)
4. Etwaige Refebenen
5. Anmelde-/Refboni
6. Rallyegewinne
7. Werbekosten
8. Sofern es kein Hobby ist, das +/- 0 geführt wird, sondern auch Gewinn abwerfen muss: der eigene Zeitaufwand
9. Gebühren die bei der Auszahlung von Netzwerken entstehen
10. Ggf auch Steuern

Das ist nur ein Teil dessen, was vorher abgezogen werden muss.
Nehmen wir also mal an, dass hier bereits 20% in Form von Refebenen weggehen, dann auch noch die ganzen anderen Gebühren drauf kommen, da bleiben manchmal nur noch Beträge unterhalb von 50% dessen, was er selbst bekommt über! Und wer würde für so einen Betrag schon klicken wollen?

Mangelnde Programmierkentnisse
Egal ob man nun ein teures oder billiges, vielleicht sogar kostenloses Script holt. Programmierarbeiten fallen immer wieder an. Ich erinnere nur mal an den Tod etlicher Paid4-Seiten durch die DSGVO. Hier haben viele das Handtuch geworfen, da sie kein Geld für die Programmierarbeiten hatten, die nötig gewesen wären um die Seite den Richtlinien gemäß umzubauen.

Keine Geldreserven
Wer ohne jegliches Startkapital ein Projekt beginnt, der fährt es zwangsläufig früher oder später gegen die Wand. Klar kann man seine User vertrösten bis dann die Auszahlung des Netzwerkes eintrudelt, jedoch haben auch die Auszahlungsgrenzen die vorher erreicht werden müssen und brauchen dann eine gewisse Zeit zum Auszahlen!
Und wenn dann mal ein Sponsor oder Netzwerk wegbricht, muss dieser Ausfall ebenfalls bezahlt werden.
Spätestens wenn User dann, berechtigterweise, einen Mahnbescheid erlassen, wird es richtig teuer.

Das Leben
Die Überschrift mag komisch klingen, aber auch hier muss vieles bedacht werden. Im Paid4 wirklich Geld zu machen mit einer Seite, so dass man nicht nebenbei noch arbeiten gehen muss und davon leben kann, das ist wohl eher die absolute Ausnahme! Im Regelfall kann man froh sein, wenn hier und da mal ein wenig was abfällt, von einem vernünftigen Stundenlohn kann nur geträumt werden.
Somit muss neben einem normalen Alltag mit Job, Kindern, Familie usw noch eine Seite geführt werden. Wenn dann Probleme aufkommen, neigen viele dazu, einfach hinzuschmeißen.
Und kommt unverhofft die Arbeitslosigkeit dazu, wird es richtig kompliziert. Denn wenn die Seite dann behalten wird, geht das ewige Theater mit dem Jobcenter los. Vorläufige Bescheide, Ausgaben die gestrichen werden, Einnahmen die angerechnet werden usw. Kurzum: es wird alles andere als einfach sein „Hobby“ zu behalten!
Und nicht zu vergessen: die Gesundheit, denn die kann niemand beeinflussen und dadurch, dass es bereits viele gab, die angeblich krank waren oder im Krankenhaus, dann aber auch nur herauskam, dass es eine Ausrede war, ist das Verständnis der User für gesundheitliche Probleme stark gesunken.

Mangelnde Rechtskentnisse
Klar kann man einfach mal eben die AGB von Mailer xyz kopieren und mit eigenem Namen versehen und dann noch schnell das Impressum mit einem Generator erstellen, aber die privaten Daten lieber weglassen, nicht dass noch ein User auf die Idee kommt, bei einem persönlich vorbeizuschauen. Die gibt es nur auf Anfrage! Und die Datenschutzerklärung von der Homepage des Nachbarn klang auch so professionell, der stört sich sicher nicht daran, wenn ich die mal eben kopiere.
Jetzt noch ein paar hübsche Bilder aus der Bildersuche einfügen und ein paar Texte zusammensuchen bei der Konkurrenz: fertig ist das eigene Projekt!
Klingt für euch übertrieben? ist aber leider realitätsnaher als ihr vielleicht denkt, ich habe selbst schon oft genug Seiten der Art gesehen. Wobei manche sich nichtmal soviel Mühe machen, da steht dann sowas wie „Hier AGB einfügen“ oder ähnliches.
Das diese Webmaster sich abmahnfähig machen, teils sogar strafbare Handlungen begehen (diebstahl geistigen Eigentums, Urheberrechtsverletzung usw), das scheint im „rechtsfreien Raum“ (wie viele das Internet immernoch wahrnehmen) total egal zu sein.
Das böse Erwachen folgt später.

Kritikfähigkeit
Aus Erfahrung muss ich sagen, man kann alles so perfekt machen wie man möchte, einer weiß es immer besser und wird einem das mit Schwung unter die Nase reiben. Macht man dann sogar noch einen Fehler, scheint plötzlich alle Welt einen mit Tickets zuzuspammen, in denen geschimpft wird was das Zeug hält (ACHTUNG an dieser Stelle an User und Webmaster: auch per Mail, in der Shoutbox, per PN, Ticket usw ist beleidigendes Verhalten strafbar und kann angezeigt werden, überlegt euch gut welche Wortwahl ihr trefft!).

Kreativität
Zu guter Letzt noch das Thema aller Themen: die Kreativität. Denn eure Seite braucht in der Masse von Seiten Alleinstellungsmerkmale, dies ist auf Aussehen und Inhalt bezogen, beides muss gut ankommen um auf Dauer aktive User zu haben und nicht einen Haufen von Karteileichen.

Danke schonmal fürs bis hier her lesen^^

Nun komme ich zu dem was ich anfangs zitiert hatte, der Annahme vieler User, dass der Admin sich nach der Schließung (ich rede hier von der Art, bei der nicht ordnungsgemäß abgewickelt, sondern auf dem ein oder anderen Wege die Seite ohne auszuzahlen beendet wurde) mit einem dicken Geldbündel zuhause Luft zufächert.

Es ist verdammt schwer in der heutigen Zeit noch richtig gut Geld mit einer Seite zu verdienen, die Gründe für das Scheitern sind in den oben genannten Punkten zu finden und diese haben fast alle eines gemeinsam: es ist wegen Überschuldung / Überforderung geschlossen worden, reich ist der Admin wenns hoch kommt in 1 von 100 Fällen geworden. Und sollten die User nun auch noch berechtigerweise ihr Geld einklagen, so hat er sehr wahrscheinlich wirklich große Probleme (in finanzieller Hinsicht).

Trotz alledem bitte ich euch eindringlich: dieser Artikel soll keinesfalls dafür sorgen, dass ihr nun aus Mitleid mit dem jeweiligen Admin auf euer Recht und damit euer Guthaben verzichtet! Er soll lediglich die Augen öffnen, dass es eben gar nicht so rosig auf seiten der Admins ausschaut, wie viele vielleicht denken. Und vielleicht hilft es ja auch, dass der ein oder andere sich nochmal hinsetzt und mithilfe dieser Liste ein wenig vorausschauend plant bevor er Hals über Kopf eine Seite aus dem Boden stampft (oder übernimmt).

Ein Gedanke zu „Erfahrungsbericht der anderen Art: Gründe fürs Scheitern einer Paid4-Seite“

  1. Die mangelnden Programmierkenntnisse dürfte wohl ein wichtiger Punkt sein, weshalb viele Seiten sterben. Es scheitert ja schon bei vielen Betreibern daran das Layout anzupassen. Dann haben die meisten Betreiber auch keine Ahnung was Programmierleistungen kosten. Ein gescheiter Entwickler kann durchaus die Stunde mehr kosten als das PM3.0 Script.

    Die Designs sind ja genauso schrecklich die meisten Seiten nicht im Jahr 2021 angekommen – die meisten PM3.0 Seiten tauschen mal das Logo aus und verhunzen die Seite. Wenn sich da per Zufall ein potenzieller User außerhalb der Szene verirrt, der ist doch total abgeschreckt und schnell wieder weg…

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